Lilly ist nach dem Kindergarten völlig schlecht gelaunt und zeigt sich, seit dem sie ihre Mama abgeholt hat, mürrisch und unzufrieden. Dabei kam sie heute extra früher und hat ihr, wie am Morgen verabredet, eine leckere Brezel mitgebracht. Normalerweise mag Lilly diese immer sehr, aber heute freut sie sich scheinbar gar nicht. Ihre Mama hatte einen relativ stressigen und schnelllebigen Tag auf Arbeit und hat sich extra beeilt, damit sie mit Lilly einen schönen Nachmittag verbringen kann. Sie möchte mit ihr auf den Spielplatz gehen, schaukeln und in Ruhe Zeit verbringen. Lilly hingegen ist mit nichts einverstanden, sie möchte nicht in den Buggy, nicht laufen, nicht mit dem Bus fahren. Sie weiß nicht weder und noch zurück.
Häufig wundern wir uns über kindliches Verhalten und meinen, wir machen doch alles „für das Kind“ und trotzdem ist es nicht zufrieden zu stellen. An sonnigen Tagen gelingt es uns Erwachsenen leichter, geduldig und ruhig abzuwarten und der Situation mit Gelassenheit zu begegnen. Sind wir hingegen selbst gestresst, müde und unruhig, so ist auch unsere Geduld schneller aufgebraucht und die Nerven liegen schneller blank, oder?
Kinder zeigen sich schneller ungemütlich und vielleicht sogar aggressiv und schreien, hauen, beißen, wenn sie ihre Bedürfnisse vernachlässigt sehen. Insbesondere kleine Kinder haben bestimmte Bedürfnisse, die ihnen bei Erfüllung enorme Sicherheit vermitteln und bei Nichterfüllung ihre Gefühle mächtig ins Wanken bringen.
Aber um welche Bedürfnisse handelt es sich?
Es sind zum einen die emotionalen Bedürfnisse gemeint, welche durch Nähe einer liebevollen, wertschätzenden, empathischen Bezugsperson gestillt werden können. Das Kind möchte sich verstanden fühlen und seine Gefühle äußern können.
Bei den sozialen Bedürfnissen geht es unter anderem darum, sich gesehen und gemocht zu fühlen. Kinder benötigen das Gefühl, am Alltag teilhaben zu können. Die vitalen Bedürfnisse sind erfüllt, wenn neben der körperlichen Pflege, der Ernährung Kinder ausreichend Schlaf, Ruhe und Bewegungsfreiräume erhalten. Die kognitiven Bedürfnisse beziehen sich unter anderem auf ein Miteinander auf Augenhöhe, in dem Kinder kompetente Erwachsene als Vorbilder erleben und sich in einer abwechslungs- und anregungsreichen Spiel- und Lernumgebung befinden, in dem sie frei forschen und entdecken können.
Die Erfüllung der Bedürfnisse muss ausgewogen sein, damit ein Kind sicher und gut aufwachsen kann.
Erinnern wir uns nun an Lilly, die einige Stunden im Kindergarten ihren Tag verbracht hat. Dort befand sie sich in einer Gruppe und vielleicht musste sie einige ihrer Bedürfnisse etwas vertagen und sich geduldig zeigen. Einigen Kindern fällt das Zusammensein mit mehreren Kindern gar nicht so leicht. Nicht jedes Bedürfnis kann von den Bezugspersonen im Kindergarten prompt gestillt werden. Die Kleinkinder müssen sich öfter an Situationen anpassen und warten. An einigen Tagen gelingt ihnen das womöglich leichter, als an anderen.
Lilly hat ihre Mama an diesem Tag bestimmt schon sehnlichst erwartet und statt sich zu freuen, brach sie förmlich zusammen und zeigte ihre Erschöpfung deutlich. Es gelingt ihr in diesem Moment nicht mehr zu kooperieren. So hat sie doch schon so viel Kraft beim ständigen „Zusammenarbeiten“ im Kindergarten gelassen – beim Teilen der Spielzeuge, beim Warten in der Garderobe, während des Mittagessens dufte sie trotz großem Hunger erst beginnen, als alle Kinder ihr Essen auf den Tellern hatten. Und beim Mittagsschlaf weckte sie Lucio etwas unsanft auf, obwohl sie erst vor Kurzem eingeschlafen war.
In diesen Momenten können wir Erwachsene meist gar nicht viel tun und doch ist genau das Wenige zumeist das Größte. Wir sollten da sein, uns bereit und offen zeigen und vor allem dem erschöpften Kind Verständnis entgegen bringen. Manchmal hilft es, einfach „zu Sein“, zuzuhören, etwas zu kuscheln und zu warten. Bedürfnisse zurückzustellen kostet so viel Kraft und Kinder leisten an solchen Tagen Großes. Fühlen sie sich verstanden, gesehen, anerkannt, so können sie sicher weiter gehen. Meist hilft es, wenn sie ihren Bindungshormon-Tank mit Oxytocin wieder auffüllen konnten.
Und wenn ihr einen Moment Ruhe findet, so spürt doch einmal, inwiefern die vielzähligen Bedürfnisse eures Kindes wohl heute erfüllt worden sind. Erkennt an, was sie leisten und nehmt Frustration nicht als Angriff wahr.
Atmet tief ein und seht was sie und auch was ihr selbst heute alles geleistet habt!
Liebe Grüße,
Kathrin
Literatur:
Kollmann, Dr. I. (2013): Hauen,beißen, sich vertragen. Umgang mit aggressivem Verhalten 0-bis 3-Jähriger inder Kita. Berlin (1. Auflage)
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