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Entschleunigung – so funktioniert mein Weg

Von Kathrin

Kürzlich wurde ich gefragt, wie ich das so mache mit dem Entschleunigen als arbeitende Mama, mit vielen Plänen und Visionen im Kopf? Ich gehöre zu denen, die ungern still stehen und ständig blitzen neue Ideen auf, die darum bitten, umgesetzt zu werden, beruflich und privat. Meine Wohnung könnte ich monatlich umstellen und am sichersten fühle ich mich, wenn alles ordentlich an seinem Platz liegt. Minimalistisch, klar und strukturiert und am liebsten ohne Staub und Schmutz. Jede(r) von euch weiß, das dies in einem Mehrpersonenhaushalt eine Herausforderung ist. Nun, mit zwei entdeckungsfreudigen Kindern und zwei Katzen – unmöglich. 

Entschleunigung als arbeitende, bedürfnisorientierte Mutter?

Da bin ich nun mit meinem kreativen Ehrgeiz, dem ständigen Drang gute Projekte anzugehen, meinem Perfektionismus und dem Wunsch nach Ordnung und Struktur, sowie nach Ruhe und Gelassenheit. Was es noch komplizierter gestaltet, unter Stress werde ich unruhig und undgeduldig, lebe aber (so gut es geht) mit meiner Familie bedürfnisorientiert. Was das bedeutet?

Für mich bedeutet dies in Kürze, ich schaue nach den Wünschen und dem Verlangen – den Bedürfnissen – der Kinder und uns Erwachsenen und richte den Alltag danach aus. Mein Ziel, es soll uns gut gehen und Zwänge und starre Raster möchte ich so gut es geht minimieren. Die Kinder sollen sich so frei wie möglich entwickeln können, trotz klarem System drumherum (feste Startzeiten in der Kita/Schule, Hausaufgaben, Prüfungen, Noten). Natürlich kann man über den Begriff und Inhalt der Bedürfnisorientierung Bücher füllen, aber für uns ist es eben, die Kinder zu sehen, zu hören und darin zu begleiten, ihre Bedürfnisse zu erkennen, zu benennen und diese zu schützen. Alle in der Familie haben den gleichen Wert und die Bedürfnisse aller sind wichtig.

Erwachsene als Vorbilder

Wenn ich das so schreibe und lese, klingt es so spielend und einfach. Wie ein kleines Rezept, das nachgekocht werden könnte.

„Sehen Sie die Bedürfnisse ihrer Kinder und helfen Sie ihnen dabei, diese zu erkennen, zu benennen und für diese einzustehen. Dann fügen sie noch etwas Ruhe, Zeit und Gelassenheit hinzu und es ist perfekt!“.

Tatsächlich fühlt es sich manchmal danach an, leicht, klar und so logisch und alles läuft nach Plan. Aber zum größten Teil meldet sich das Leben und geht seinen Weg. Gefühle, Emotionen und schwer zu vereinbarende Bedürfnisse prallen aufeinander und das Familienleben tobt und droht immer mal wieder zu kentern. Es braucht in diesen Momenten um so mehr diesen Fels in der Brandung und Inseln. Mein Wunsch und Anspruch ist es, dieser Fels zu sein, der den Kopf bewahrt, Situationen erkennt, sieht und auf diese feinfühlig reagieren kann. Ich habe eine relativ klare Vorstellung davon, wie als Mutter ich sein möchte und weiß, wie ich sein kann.

Aber machen wir uns nichts vor, gelassen, ruhig, feinfühlig, tröstend, beherrscht, liebevoll, lustig, kreativ und fair zu sein, das kostet eine Menge Aufmerksamkeit, Kraft, Geduld und Energie. Wir sind wir und jeder Tag ist anders, wir spielen natürlich mit unseren Bedürfnissen und Gefühlen eine wichtige Rolle. Aber grundsätzlich weiß ich, ich kann das, ich kann eine „recht gute“ Mutter sein, aber nur W-E-N-N…

Eine „recht gute“ Mutter, wenn…

Ja wann denn? Einfach so? Ehrlich gesagt, nein! Ich kann das sein und möchte es sein, aber nur, wenn ich okay mit mir bin. Da kommen wir als Vorbilder ins Spiel. Es ist so wichtig, dass ich meine eigenen Bedürfnisse im Blick habe und diesen nachgehe oder sie mindestens erkenne und um Aufschub bitte. Kinder lernen schrittweise die eigenen Bedürfnisse zu vertagen. Erst mit dem Alter können sie etwas warten, im Kleinstkind- und Kleinkindalter machen sie sehr klar auf sich und ihr Verlangen aufmerksam. Wir reagieren, häufig sofort, direkt und liebevoll. Unsere Bedürfnisse w-a-r-t-e-n.

Kennt ihr das, wenn auch ihr zu lange mit euren eigenen Dingen  warten musstet und ihr euch nicht um euch gekümmert habt, dann bricht irgendwann das „innere Kleinkind“ in uns aus und wird unruhig und ungeduldig. Vielleicht sogar gestresst, laut, wütend und unruhig. Ich kenne das zu gut, dass ich  nun um so mehr darauf achte, ein Gleichgewicht herzustellen. Möchte ich also in trubligen Situationen, die der Alltag mit Kindern mit sich bringt, eine „recht gute“ Mutter sein, die eben feinfühlig, gelassen und mit Herz und Verstand auf die Wünsche meiner Kinder und Streitereien zwischen den Kindern reagiert, muss ich einen achtsamen Umgang mit mir wahren!

Entschleunigung im Alltag – unser Weg

Natürlich sieht jede Familie anders aus und geht einen anderen Weg, überschreitet andere Hürden. Aber wie ist es nun bei uns? Auch wir haben diverse Modelle ausprobiert und erprobt. Seit Geburt unserer Kinder waren wir jahrelang beide berufstätig, parallel in der Ausbildung, im berufsbegleitenden Studium, im Umzug ins Ausland, lebend in der Großstadt, mit guten Helfersystem und auch längere Zeit ohne dieses „Dorf“, mit guten Gehältern und mit einem Minimum… Ja, blicke ich zurück, so sind wir auf unserem Weg verschiedene Pfade abgelaufen, steile, flache, schnelle, sowie langsame, steinige und rutschige.

Momentan tut es uns am besten, wenn wir uns so wenige Termine wie möglich legen, festen Verabredungen bedacht zusagen oder uns bewusst gegen diese entscheiden. Also, kontra Freizeitstess! Alles was nach der Kita, Arbeit und Schule kommt, muss entschleunigt werden und möglichst freiwillig stattfinden. Möglichst, weil manche Verabredeungen bedacht gewählt, aber in letzter Sekunde doch keine Zustimmung finden und weil bei mehreren Personen es nicht immer möglich ist, für alle das Optimum zu finden. Aber auch dann wird abgewogen und ggf. aufgeteilt, umgeplant oder angepasst.

Verpflichtungen, Jobs, Zeitdruck…

Zudem ist es für uns persönlich momentan wichtig, dass nicht beide Elternteile zu festen Zeiten an einem bestimmten Ort arbeiten. Bis vor kurzem haben wir am Morgen, trotz guter Pläne und Vorbereitungen angespannt und gestresst das Haus verlassen. Am Nachmittag gern mal den Frühstückstisch leer geräumt und „funktioniert“. Im Hamsterrad zu rennen und den Anspruch zu haben „recht gut“ zu sein, ist hingegen so kompliziert. So stand für uns der Entschluss fest, eine(r) muss seinen Fuß aus dem Rad nehmen, es bremsen und im Blick behalten. Ein wichtiger Punkt der Entschleunigung ist eben genau das – das Hamsterrad anzuhalten und zu verhindern, wieder einzusteigen. Auch wenn das Aussteigen aus dem Rad, dem System und dem schnellen Leben ersteinmal Mut und Zuversicht erfordert, so ist dies für uns persönlich der richtige Schritt.

Jede(r), der selbstständig arbeitet oder in Gleitzeit kennt auch die Nachteile und Tücken, aber Hektik und Zeitdruck machen es noch komplizierter. (An alle Alleinerziehenden, ehrlich, ich denke oft an euch und weiß, das alles ist noch so viel komplizierter.)

Mein Mantra – „Besinnung auf das Wesentliche!“

Wir üben uns darin, uns als Familie auf das Wesentliche zu besinnen, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Zu akzeptieren, dass wir vier sehr verschieden sind und andere Bedürfnisse zu anderen Zeiten haben, wir häufig sehr unterschiedlich mit Konflikten und Stress umgehen. Aber eines haben wir alle gemeinsam – wir genießen, nein wir brauchen Ruhe und Zeit, um zu „sein“. Wir benötigen diese Freiräume, leeren Zeitfenster zum Atmen, zum Erledigen der Dinge, die das Leben fordert. Und eben auch Zeit für die Dinge, die das Leben zum Nähren braucht. Zeit zum Kochen, Kuscheln, Spielen, Lesen, Basteln, Waschen, Zeit zum Schlafen, Ruhen, zum Vorbereiten, zum Backen, zum Rausgehen… Wir benötigen diese Zeit, um den Dingen, die das Leben mit sich bringt, zu erledigen, zu genießen. Nehme ich mir diese Zeit nicht, erledige ich die Dinge schnell, hektisch, unbedacht, so gerate ich in dieses Hamsterrad, fühle mich gestresst und werde unzufrieden.  Dann mutiere ich von der „recht guten“ Mama, Ehefrau und Freundin, zur „Schreimutter“ oder funktioniere einfach nur noch und renne. Unzufrieden und auf meine Kosten und die, der Familie!

In diesem Sinne, schaut was für euch wichtig ist und nehmt euch Zeit! Nehmt euch Zeit zum L-E-B-E-N, denn das ist jetzt!
Egal, ob der Baum perfekt ist, ihr Kekse backt oder kauft, schaut was für euch als Familie wichtig ist, um gut zu sein, um zu atmen, zu lieben und zu genießen. Traut euch, auch mal Dinge abzusagen, denn ein Nein, ist häufig ein Ja für euch als Familie!

Alles Liebe,
Kathrin 


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1 Schreibe etwas

Nadja 18. Dezember 2018 - 12:49

Danke für diesen tollen Beitrag! ?gebau so ist es. Ich erkenne mich zu 100% wieder, bin aber momentan nicht berufstätig! Alle liebe, nadja

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