Kathrin: Eher zufällig bin ich auf „Väter in Verantwortung – Coaching & Seminare für Männer“ aufmerksam geworden. Irgendwie förmlich darüber gestolpert und kurz darauf fragte ich mich, warum eigentlich?
Es war der erste Eindruck, vermute ich. Offen, sympathisch, ansprechende Zitate – die Themen ähneln vermutlich den meinen von „Kindheit erleben“ in gewisser Weise. Es geht um Bedürfnisorientierung, Grenzwahrung und Beziehung… aber das Besondere, aus Sicht des Mannes für Männer.
Nun wollte ich etwas mehr erfahren und bat Carsten Vonnoh um ein kurzes Interview, denn zu gern möchte ich euch seine Ideen auch auf meiner Plattform vorstellen.
Los geht’s!
Carsten, erzähl doch mal, wie kamst du auf die Idee?
Verzeichnis
Carsten: Ich habe schon die letzten 10 Jahre Projektmanager und Teams dabei begleitet, sich selbst zu reflektieren und in Krisen neue Wege zu finden, letztlich gute Projekte umzusetzen. Nach der Geburt meiner zwei wundervollen Kinder habe ich vieles neu einordnen müssen und habe selbst später eine heftige Trennungskrise erlebt. Dabei habe ich aber gute Unterstützung gefunden und viele Themen, die ich jetzt als Schwerpunkt habe, kennenlernen können.
Spätestens als ich praktische Beratungsstunden für meine Ausbildung in der Familienberatung brauchte, lag meine Zielgruppe mir quasi vor der Nase. Ich habe dabei gemerkt, dass ich gerade mit meiner eigenen Erfahrung und Haltung einen guten Zugang zu Männern in ähnlichen Situationen bekommen kann und bin seitdem dabei, jeden Tag weiterzulernen. Da ich gemerkt habe, dass auch Väter vor Ende einer Beziehung Unterstützung gebrauchen können, berate ich nun Väter in allen Lebenslagen, wenn sie bereit sind, ernsthaft an sich zu arbeiten.
Du bist systemischer Berater – welche Ausbildung hast du auf deinem Weg gemacht?
Carsten: Nach meinem Studium in Politik & Psychologie habe ich das große Glück gehabt, eine Menge Weiterbildungen besuchen zu können. Besonders wichtig waren dabei die Systemische Beratung für Organisationen & die Ausbildung zum Konfliktberater, die mir bei der Beratung in Entwicklungsländern geholfen haben. Entscheidende und intensivste Ausbildung war allerdings die zum systemischen Berater für Familien in den letzten beiden Jahren, bei der ich vor allem sehr viel Selbsterfahrung machen konnte und dadurch ein immer besseres Verständnis für die Dinge bekomme, die sich in Familiensystemen entwickeln, aber auch ändern können. Eine weitere Ausbildung wird auch meine therapeutischen Fähigkeiten erweitern.
Was sind deine Schwerpunkte?
Carsten: Meine Schwerpunkte sind im Grunde 3
- Mir ist es wichtig, dass Väter so viel Verantwortung für ihre Kinder übernehmen können, wie es ihnen möglich ist.
Dabei geht es mir weniger um die großen Abenteuer, sondern um eine wirkliche Vater-Kind-Bindung und Verantwortung im Alltag, die für viele Männer unserer Generation gar nicht so einfach ist. Damit das gut gelingen kann, gerade nach Krisen, braucht es manchmal Begleitung mit genau meinem Profil.
Oft drehen wir uns so sehr auf einer rationalen Ebene, dass wir uns den „wirklichen“ Themen nicht widmen können. Unsere eigenen Kindheitserfahrungen und das Bild, dass wir von Vaterschaft haben, bestimmen sehr stark, wie wir mit unseren Kindern umgehen. Und das muss nicht immer so sein, wie wir es gern hätten. - Intensive Seminare nur für Väter sollen die intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte, Haltung und unserem Konzept von Erziehung möglich machen. Die Männer anzuregen, bewusster zu haben, wie sie mit ihren Kindern umgehen und ob das der einzige und „beste“ Weg ist, ist hier mein Anliegen. Dabei gebe ich weniger Ratschläge, sondern helfe dabei, aus einer neuen Haltung eigene gute Antworten zu finden. Mittlerweile biete ich die Seminare fast überall in Deutschland und bald auch in der Schweiz an, einige davon sind speziell für Väter in Trennung.
- Um der nächsten Generation an Kindern eine stärker bedürfnisorientierte und gewaltfreie Umgebung zu ermöglichen, brauchen wir aber nicht nur die Eltern.
Gerade unsere Kindergärten, Tagesmütter und Lehrer haben hier ein hohes Maß an Verantwortung. Ich biete deshalb auch (kollegiale) Beratung von Fachkräften an, um hier ein größeres Bewusstsein z.B. für die besonderen Bedarfe von Trennungskindern zu schaffen und Väter stärker in den Blick zu bekommen.
Welchen Raum nimmt das Scheidungsthema ein?
Kathrin: Ich selbst als „Scheidungskind“ empfinde dieses als immens wichtig und weiß aus eigener Erfahrung wie kompliziert „Trennung“ ist. Aber es kann eben auch anders gehen! Zum Glück!
Carsten: Die meisten Väter, die ich einzeln begleite, sind gerade vor oder nach einer Trennung.
Durch meinen eigenen Weg weiß ich, wie existenziell so eine Krise werden kann und wie schmerzvoll die Erkenntnis, dass wir am großen Ideal der Familie gescheitert sind. Oft ist das für alle Beteiligten die heftigste Herausforderung, die sie je erlebt haben, die oft alles Bisherige in Frage stellt.
Carsten Vonnoh
Dabei geraten die Kinder oft aus dem Blick, manchmal sogar zwischen „die Fronten“. In meiner Beratung liegt der Schwerpunkt deshalb immer auf dem Wohl des Kindes und einer Verbesserung der Elternbeziehung. Oft gelingt es dann, einen neuen Blick auf die Situation zu bekommen, größere Klarheit in der Gestaltung der (nun getrennten) Zukunft zu gewinnen und größte Eskalationen zu vermeiden.
Berätst du tatsächlich nur Männer, ich kann mir vorstellen, dass auch Frauen von deinem Angebot und Blickwinkel sehr profitieren möchten. Wie sind deine Erfahrungen?
Carsten: Ich sehe meinen Fokus ganz klar bei den Vätern. Ich habe aber auch gemerkt, dass es hilfreich sein kann, dass Mütter auch einmal Perspektivwechsel erleben. Oft ergeben sich daraus neue Erkenntnisse und Möglichkeiten, an der Elternbeziehung zu arbeiten.
Auch in vielen Beratungsstellen sind es vor allem Frauen, die diese herausfordernde Arbeit übernehmen. Hier habe ich große Offenheit erlebt, durch meine Begleitung besser auf die Bedürfnisse und Perspektiven von Männern in Krisen einzugehen. Gelegentlich begleite ich auch Runden mit Müttern oder berate Frauen, die ebenfalls in Trennungssituationen sind.
Was sind deine Visionen?
Erste Vision:
Carsten: Dass Väter in den nächsten 3 Jahren in viel mehr Gegenden die Möglichkeit haben, gute Beratungs- und Austauschangebote zu finden. Es gibt da viele gute Initiativen, doch vor allem auf dem Land wird es fast überall schwierig. Hier begleite ich auch soziale Träger dabei, ihr Angebot für Männer zu reflektieren und ggf. neu aufzustellen. Toll wäre es natürlich, wenn auch mehr Männer dann in diesen Beratungsbereichen arbeiten.
Die zweite Vision:
In Trennungssituationen würde ich mir wünschen, dass Jugendämter, Beratungsstellen, Amtsgerichte, etc. besser zusammenarbeiten und dabei unterstützen, eine gute Einigung für beide Elternteile, aber besonders für das Kind zu finden. Oft erlebe ich zum Teil haarsträubende Entscheidungen, die über Jahre das Kind und die Eltern im Ausnahmezustand halten. Bessere Koordinierung zwischen den Stellen, verpflichtende Beratung beider Elternteile und kontinuierliche Weiterbildung und Selbstreflexion der Verantwortlichen kann hier einiges verbessern.
Die dritte und mir wichtigste Vision:
Gewaltfreie und bedürfnisorientierte Erziehung als ein Thema etablieren, das auch und gerade von Vätern getragen wird. Wir müssen die Last, den Schmerz und die Herabsetzung der Generationen vor uns bearbeiten und neue Ansätze finden, dass unsere Kinder selbstbestimmter auf ihre Bedürfnisse und Emotionen hören können. Damit es dazu auch kompetente männliche Perspektiven gibt, bin ich hier besonders aktiv.
Kathrin: Lieber Carsten, ich danke dir sehr für das spannende Interview und freue mich von Herzen auf die Zusammenarbeit und die Visionen, die wir in die Welt tragen!
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