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Die innere Haltung der Erwachsenen gegenüber Kindern zuhause und in Kitas

Von Kathrin

Die Bedeutung der Wertschätzung

Die innere Haltung im Umgang mit Kindern bzw. mit Menschen ist entscheidend für den Beziehungsaufbau und Kontakt zwischen ihnen. Dies spielt eine ebenso große Bedeutung in der Begleitung von Konflikten und Aggressionen. 

Wilhelm Humboldt sagte: „Im Grunde sind es immer die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen WERT geben“ (Humboldt zit. n. Krenz 2007, S. 9). Wir alle möchten wertvoll sein und uns auch so fühlen.

Gleichwürdigkeit – auf Augenhöhe

Jasper Juul prägte den Grundsatz der Gleichwürdigkeit. Dieser Begriff bedeutet, dass jeder Mensch von der Geburt bis zum Tod den gleichen Wert hat. Eine schöne und so wichtige Erkenntnis. Es ist ganz egal, wie alt ein Mensch ist, welchen Status, welche Hautfarbe und welche Eigenschaften er hat. Wir alle haben den gleichen Wert. Dies sollte so normal und klar sein und doch fühlt es sich in der Realität oft nicht so an.

Es geht darum, jeden Menschen ernst zu nehmen und auf Augenhöhe zu betrachten.  Ich wurde einmal gefragt, ob ich damit meine, dass, wenn ich Kinder auf Augenhöhe begegne, sie alles dürfen?
Gern wird dies damit verwechselt. Aber, das ist damit nicht gemeint. Wichtig ist, dass die Führung und Verantwortung grundsätzlich bei den Erwachsenen bleibt, „(…) doch die Welt der Kinder, ihre Gedanken, Gefühle, Eigenschaften und Wünsche werden genauso ernst genommen wie die der Erwachsenen“, denn sie haben den gleichen Wert (Kolbe/Bergmann 2016, S. 9). Gleichwürdigkeit und Wertschätzung sind als Schlüsselbegriffe für Aggressionen zu sehen.

Was hat unsere Haltung mit Aggressionen zu tun?

„Aggressives Verhalten beginnt, wenn der ruhige Fluss der Interaktionen blockiert ist und einer Person in einer bedeutenden Beziehung plötzlich die Erfahrung, für das gegenüber wertvoll zu sein, abhandenkommt“ (Juul 2014, S. 81). Oft wehren sich Kinder mit Händen und Füßen, wenn sie das Gefühl haben, für einen wichtigen Menschen selbst nicht wertvoll zu sein. Fühlen sie sich nicht ernst genommen mit ihren Wünschen und Bedürfnissen, verleihen sie diesen oft kraftvoll und für uns Erwachsene hör- und spürbaren Nachdruck.

Anerkennung und Wertschätzung – ein wichtiges menschliches Grundbedürfnis

Nach der Bedürfnispyramide von Maslow sind die Grund- und Existenzbedürfnisse wie Nahrung, direkt gefolgt von den Sicherheitsbedürfnissen wie Struktur, Grenzen, Nähe lebensnotwenig. Aber auch die sozialen Bedürfnisse wie Anerkennung, Zuneigung, Liebe, Wertschätzung und Selbstverwirklichung sind für einen gesunden Menschen überaus wichtig. Damit ein Mensch lebensfähig ist, müssen die Grund- und Existenzbedürfnisse erfüllt sein. Die Befriedigung der weiteren Bedürfnisse verhilft ihm zu Zufriedenheit und schließlich zum Glück.

Diese Erkenntnisse lassen sich auf den Alltag mit Kindern zuhause und in öffentlichen sozialen Einrichtungen (z.B. Kitas) übertragen. Besonders in der Krippe spielt die Erfüllung der Schlüsselsituationen (Essen, Schlafen, Sicherheit, Vertrauen etc.) ein eenorme Rolle für eine gesunde Entwicklung. Folgendes Zitat spiegelt die tragende Bedeutung der PädagogInnen wieder und wie sie zu einer gesunden Entwicklung und Stärkung der Kinder in Kitas beitragen können:

„In der Erfahrung einer beziehungsvollen Pflege können Kinder gestärkt werden, ein liebevolles und gesundheitsförderliches Körperbewusstsein zu entwickeln. […] Die Kinder lernen eigene Körpersignale und Handlungsimpulse wahrzunehmen und angemessen auf sie zu reagieren. Wer gelernt hat, mit sich selbst liebevoll und pfleglich umzugehen, hat gleichzeitig gelernt, wie er/sie das auch mit anderen Menschen tun kann. Insofern fördert der sensible Umgang der Erwachsenen mit Kindern in den Alltagssituationen nicht nur deren Selbstkompetenzen, sondern in hohem Maße auch ihre sozialen Kompetenzen. Die Kinder können durch die Rhythmisierung des Alltags durch die Schlüsselsituationen Verlässlichkeit erfahren und gewinnen somit Sicherheit und Vertrauen. Eine Flexibilisierung im Umgang mit den Alltagssituationen, die sich an den individuellen Bedürfnissen eines jeden Kindes orientiert, ermöglicht den Kindern die Erfahrung, gesehen und wahrgenommen zu werden. Kinder, die wahrgenommen und gesehen werden, lernen andere Menschen zu sehen und wahrzunehmen“.

(Dieken/Dieken 2014, S. 9)

Insbesondere sind Kinder von der Wertschätzung und Anerkennung der Erwachsenen, in erster Linie ihrer Eltern und nahen PädagogInnen abhängig. 

Besonders bei auffälligem Verhalten brauchen Kinder Unterstützung

Kinder, die durch ihr Verhalten auffallen, sind darauf angewiesen, dass sie ernst genommen werden und Unterstützung erhalten. Nicht selten machen sich die auffälligen Kinder bei anderen Kindern und Erwachsenen unbeliebt und geraten durch Ablehnung in einen Kreislauf. Besonders diese Kinder benötigen eine innere Haltung der Wertschätzung, denn sie spüren, ob ein Erwachsener Annahme empfindet und das Kind ernst nimmt (vgl. Marx 2012, S. 2). 

Integrität und Authentizität

Ein weiterer wichtiger Wert ist die Integrität. Hierbei geht es darum, seine eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Gefühle zu kennen und diese ausdrücken zu lernen. Damit schützt ein Mensch sich selbst und lernt sich treu zu sein. Wenn ein Mensch etwas nicht möchte und doch tut, ist seine Integrität gefährdet. Es ist eine Herausforderung sich der Gemeinschaft anzupassen ohne sich dabei aufzugeben (vgl. Kolbe/Bergmann 2016, S. 10 f.). Mit dem Wissen, um die Bedeutung der Integrität können Eltern und PädagogInnen beispielsweise durch das Vorleben, Besprechen und Respektieren der Wünsche und Bedürfnisse zur Entwicklung dieser gezielt beitragen. 

Bei der Authentizität, geht es darum, sich selbst gut zu kennen, um seine eigene Wahrheit zu spüren. Authentische Personen sind echt mit ihren Stärken und Schwächen und zeigen sich auch mit ihren Fehlern.

Jeder Mensch muss lernen, für sich persönlich die Verantwortung für das eigene Tun, für die eigenen Werte, für das eigene Verhalten zu tragen. Entscheidend ist, ob ein Mensch gelernt hat bei Fehlern die Verantwortung für sein Tun zu übernehmen oder die Schuld und Verantwortung beim Gegenüber sucht (vgl. ebd., S. 10 f.). Dieser Umgang kann in der Kita und Zuhause durch aktive Begleitung der Erwachsenen und in der Gruppe sehr gut geübt und vorgelebt werden. „Neben der persönlichen Verantwortung gibt es die soziale Verantwortung gegenüber anderen, die sich ausdrückt in Hilfsbereitschaft, Respekt, Rücksichtnahme und Empathie. Beides erlernen Kinder am besten, wenn es ihnen vorgelebt, statt gepredigt wird“ (Kolbe/Bergmann 2016, S. 10 f.). 

Die innere Haltung verändert den Kontakt und die Beziehung zwischen Erwachsenen und den Kindern und es ist ein Weg, verknüpft mit viel Übung, diesen zu gehen. Leben Eltern und PädagogInnen diese Werte, so erzielen sie Vertrauen und pflegen echte Beziehungen. Strafen werden überflüssig, es geht um das gelebte Miteinander, Hand und Hand!

Literatur:

Krenz, A. (2007): Werteentwicklung in der frühkindlichen Bildung und Erziehung. Berlin, Düsseldorf, Mannheim
Kolbe, B., Bergmann, W. (2016): Trotzphasen bei Kita-Kindern. Berlin
Juul, J. (2014): Aggression: Warum sie für uns und unsere Kinder notwendig ist. Frankfurt am Main
Dieken, C./ Dieken, J. (2014): Ganz nah dabei- Alltagssituationen in Kitas für 0- bis 3 Jährige. Arbeitsmaterial für Teamfortbildung, Ausbildung und Elternabend. Berlin (1. Auflage)
Marx, A. (2012): Anregung zum Aufbau einer positiven Konfliktkultur im Kindergarten. In: KiTa aktuell recht 4/2012, Online unter: http://www.iko-info.de/downloads/Kita_Recht_4_12_Marx_Konfliktkultur_Palaverzelt.pdf abgerufen am 15.02.2017


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2 Kommentare

Mein Kleinkind haut – Was kann ich tun? – Kindheiterleben 16. März 2019 - 0:44

[…] Die innere Haltung der Erwachsenen gegenüber Kindern […]

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Hessam Kordian 10. Juni 2019 - 11:33

Vielen Dank für den Artikel. Wertschätzende Kommunikation finde ich ebenfalls sehr wichtig. Dadurch wird der Selbstwert der Kinder gestärkt, sodass sie selbstbewusster sich Neuem zuwenden und ihre Umwelt explorieren.

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